Ein Dach für die Cathomens

Eine siebenköpfige Bio-Bergbauernfamilie braucht eine anständige Wohnsituation. Die Coop Patenschaft hilft.

Die siebenköpfige Bergbauernfamilie Cathomen sitzt beim Frühstück dicht gedrängt.

1848 war sicher kein schlechter Jahrgang, schliesslich wurde damals die moderne Schweiz geboren. 1848 ist auch das Baujahr des Wohnhauses der Familie Cathomen in Schlans (GR), einem kleinen Dorf der Surselva. Zusammen sind sie alt geworden, das Land und das Haus. Doch während die Schweiz immer mal wieder eine Auffrischung und mit der neuen Bundesverfassung sozusagen eine Totalsanierung erhielt, wurde am Haus der Bio-Bauernfamilie nur das Allernötigste gemacht. Das Allernötigste. «Achtung auf den Kopf», sagt Erwin Cathomen im zweiten Stock vor einem tiefhängenden Balken. Das Badezimmer ist nur ein Badzimmer, weil man es so nennt. Das WC ist angebaut. «Im Winter müssen wir einfach das Wasser abstellen, sonst friert es ein», sagt Eveline Cathomen (41), Mutter von fünf Kindern und Bio-Bäuerin mit Leib und Seele. Man könnte jetzt lang und breit weitere Mängel am alten Haus in Schlans auf 1150 mü.M. aufzählen. Aber nur noch soviel: Das Dach, das Vater Erwin letztes Jahr noch notdürftig saniert hat, rinnt hoffnungslos. Die fünf Kinder teilen sich zwei Schlafzimmer, Nesthäkchen Lina (5) schläft bei den Eltern. «So geht es nicht weiter», sagten sich die Cathomens.

Rückblende: 2002, nach vielen Alpsommern und Winterjobs haben die beiden mit 2 Kühen und ein bisschen Land angefangen. In einer Zeit, in der in der Schweiz Tausende von Höfen dicht machen, haben sie ihren Betrieb aufgebaut. «Bio oder nicht Bio, war gar nie ein Thema. Und dass die Kühe ihre Hörner behalten, war ebenso klar», sagt die Bäuerin. In den vergangenen zwölf Jahren wurde aus dem bisschen Land 20 Hektaren, aus 2 Kühen wurden 17. Dazu kommen noch 2 Arbeitspferde, die vier liebsten Katzen der Welt, 30 Schafe und 2 Herdenschutzhunde. Mit den Wölfen haben die Cathomens keine Probleme. «Sie sind jetzt halt einfach einmal da und gehören dazu», sagt die Bio-Bäuerin. 

Warum haben sich die zwei Einheimischen entschieden, Landwirtschaft zu betreiben? Es lag den beiden sicher im Blut. Sie sind als Bauernkinder gross geworden, konnten aber die elterlichen Betriebe nicht übernehmen. Aber da ist noch etwas, was man wohl nur mit Liebe zu den Tieren umschreiben kann: Obwohl sie eine Muttertierherde haben, sind die Tiere sehr zutraulich; die Pferde kommen beim Anblick ihrer Meister sofort angetrabt und holen sich Streicheleinheiten ab. Das gewichtigste Argument aber sind die Kinder. «Sie sollen in einer gesunden Umgebung und mit der Liebe zur Natur aufwachsen», sagt Eveline Cathomen.

Das tun sie ganz bestimmt, doch schaut man sich auf dem Betrieb um, kommt man unweigerlich zum Schluss: hier wohnt eine tolle Familie mit einem tollen Zusammenhang. Aber die Infrastruktur der Tiere ist um vieles, sehr vieles moderner als jene der Menschen. Darum war für die Geschäftsleiterin der Coop Patenschaft für Berggebiete eins sofort klar: «Da helfen wir mit.» Sie war per Zufall auf die Cathomens gestossen und sofort begeistert. Nicht nur wegen des Umgangs der Familie mit der Natur und den Tieren. «In unseren Statuten steht unter anderem auch, dass wir uns für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bergbevölkerung einsetzten und die dezentrale Besiedlung fördern», so Rohrer. «Die Cathomens erfüllen all diese Kriterien.»

Die allernötigsten Massnahmen betreffen das Dach, den Ausbau des Estrichs mit zwei Kinderzimmern, ein Badzimmer das seinen Namen verdient, ein Heisswassboiler, der mehr als 100 Liter fasst wie der alte. Und ein Unterstand für das Brennholz. Den alten Holzschopf hat vor ein paar Jahren eine Rüfe mitgerissen. Sinn machen würde auch eine solare Warmwasseraufbereitung. Doch das ist Zukunftsmusik. «Wichtig ist jetzt einfach einmal, dass das Haus so saniert wird, dass die Cathomens anständig leben können». Wenn alles klappt dann ist 166 Jahre nach 1848 wieder ein gutes Jahr. Zumindest für die Familie Cathomen. 

Quelle: Coopzeitung Nr. 49, 2015